Alt und Neu in Harmonie: Sichtbeton beweist Sensibilität

In der kleinsten Stadt unseres Landes sorgt ein Neubau für Aufsehen: Dem renommierten Architekten Daniel Fügenschuh gelang es, das pittoreske Ambiente der Stadt Rattenberg in moderne Architektur zu übertragen. Damit bewies er eindrucksvoll, wie Sichtbeton die Formensprache der Architektur bereichert.

Mit 422 Einwohnern darf sich Rattenberg kleinste Stadt Österreichs nennen. Das späte Mittelalter prägt das Stadtbild der Gemeinde im Tiroler Unterland – endlich wieder, sagen die Rattenberger. Denn in den Siebzigerjahren des letzten Jahrhunderts störte der Bau eines Feuerwehrhauses das einheitliche Bild der Stadt. Das wurde nun korrigiert, mit modernsten Mitteln: Die zeitlose Ästhetik von Beton spannt geschickt den Bogen von alter Bausubstanz zu zeitgenössischer Architektur. Denn Sichtbeton zeigt den Baustoff in seiner ursprünglichsten Form – massiv, statisch und ohne Verkleidungen.

Als 1973 die Hauptschule Rattenberg in Teilen eines ehemaligen Augustinerklosters untergebracht wurde, galt das auch für die umliegenden Orte als Fortschritt. Damals wurde zusätzlich ein Turnsaal gebaut, der aber längst nicht mehr den modernen Anforderungen genügte. Nun brauchte die Schule auch noch Platz für die Nachmittagsbetreuung der Schüler – höchste Zeit also zum Handeln.

Sichtbeton mit Glas – perfekte Harmonie

Zuerst wurde das Feuerwehrgebäude abgerissen, um Platz für einen Erweiterungsbau zu schaffen. Der Innsbrucker Architekt Daniel Fügenschuh plante einen schlanken Baukörper, der parallel zum Turnsaal errichtet wurde. So wurde der alten Klosteranlage ein Seitenarm zugefügt – allerdings nicht unmittelbar. Denn an seiner Schmalseite ist der Neubau zwar durch kleine Brücken mit dem Klostergebäude verbunden, zwischen den Neubau und den neu organisierten Turnsaaltrakt aber wurde ein zweigeschoßiger Glasbaukörper geschoben. Im Erdgeschoß erhält die Schule damit ein Foyer, das von der Schule in den Turnsaal führt. Durch die Planung auf zwei Geschoße entstand im ersten Geschoß ein heller Lichthof, ein idealer Platz für das Mittagessen und die Nachmittagsbetreuung. Im oberen Geschoß kamen ein Kreativraum und ein neues Klassenzimmer hinzu. Durch den Einsatz von Sichtbeton, der mit dem Glasbaukörper perfekt harmoniert, wurde die traditionelle Bebauung der kleinen Stadt optimal aufgenommen.

Sichtbeton überzeugt dauerhaft

Diese harmonische Anbindung an die Stadt funktioniert ohne den Versuch, Althergebrachtes zu kopieren. Dafür sorgt auch das große quadratische Fenster, das selbstbewusst auf den Rattenberger Hauptplatz schaut. Dieses Selbstbewusstsein strahlt das ganze Gebäude aus. Kein Wunder, sagt Gernot Brandweiner von der Informationsplattform Betonmarketing Österreich: „Mit Sichtbeton wird die Architektur zur edlen Kunstform, die ihre Wirkung allein durch Form und Oberfläche erzielt.“ Dass Sichtbeton so zeitlos ist, liegt nicht nur an der dauerhaften Qualität des Baustoffs, sondern auch an der puren Aussagekraft des Materials. Auch Bezirkshauptmann Christian Bidner sieht in der Erweiterung der Hauptschule einen deutlichen Sprung nach vorn – jetzt sei die Schule „nicht nur ein Lernort, sondern ein Lebensort“.

Flexible Gestaltung – Sichtbeton in vielen Varianten

Der neue Lebensort in Rattenberg beweist auch, dass Sichtbeton äußerst variabel ist. Denn hier ist das Material je nach Geschoßhöhe in klare geometrische Segmente geteilt – die Oberflächen sind unterschiedlich behandelt. Experte Brandweiner: „Die Betonzusammensetzung und die Ausgangsstoffe entscheiden darüber, wie Oberflächengestaltung und Farbgebung am Ende aussehen. Die Oberflächengüte wird von vielen Faktoren bestimmt, die durch moderne Technologien ständig optimiert werden.“ Beim Neubau in der Tiroler Kleinstadt sind einige Flächen rau, andere poliert, wieder andere schalglatt. Für sich gesehen ergibt das ein fast schon malerisches Gesamtbild. In der Korrespondenz mit dem Ort entstehen verblüffende Bezüge zu den geputzten Fassaden der Häuser in der Altstadt. So fügt sich der Neubau sensibel in das gewachsene Gefüge der Glasstadt ein. Dass dies ausgerechnet mit Sichtbeton gelang, einem der modernsten Mittel der Architektur, ist ein hervorragender Beleg für die Universalität des Materials.

Weitsicht mit Beton

Anfangs war der Beirat skeptisch, er machte sich Sorgen um den Denkmalschutz. Ihm galt der minimalistische Sichtbeton-Entwurf von Daniel Fügenschuh als zu extravagant. Der Tiroler Landeskonservator Walter Hauser aber bewies Weitsicht und unterstützte das Vorhaben. Ihm ging es einerseits freilich um den Denkmalschutz, andererseits aber um eine ehrliche Baukultur. Hauser wusste um die Sensibilität des Ortes. Denn der Bau schließt direkt an das gotische Kloster an, das in der Barockzeit prächtig ausgebaut und der Epoche angepasst wurde. Allerdings wusste der Denkmalschützer auch, dass Sichtbeton optimal zwischen den Epochen vermitteln kann. Inzwischen dürften sich wohl alle Beteiligten bei Walter Hauser für seine Hartnäckigkeit bedankt haben. Denn die kleinste Stadt Österreichs hat nicht nur ihren idyllischen Charme zurück, sondern auch eine echte Sehenswürdigkeit.

Diplomingenieur Gernot Brandweiner sieht den Erweiterungsbau der Rattenberger Schule als gutes Beispiel dafür, wie Sichtbeton durch seine variable Ästhetik überzeugen kann. Das liegt nicht zuletzt an der Qualität, die das Material heute hat: „Diese hohen Qualitäten lassen für die Zukunft des Bauens nur eine Prognose zu: Mit Sichtbeton können ansprechendste gestalterische Ergebnisse erzielt werden, deshalb wird er weiterhin auf dem Siegeszug sein!“