Wohnkomplex: Beton ersetzt Klimaanlage

Ein Passivhaus-Wohnkomplex in Stadlau setzt energietechnisch neue Maßstäbe. Die Wohnanlage bietet ganzjährig angenehmes Wohnklima, selbst im Hochsommer kann sie mit kühlen Räumen überzeugen. Dafür sorgt ein innovativer Baustoff, der sogar die Klimaanlage ersetzen kann: Beton.

Eine „lebenswerte Antwort auf die demografische Entwicklung“ – das war der hohe Anspruch an den Bauträgerwettbewerb „generationen: wohnen am mühlgrund“. Durch die neue U-Bahn-Anbindung an die Linie U2 wurde die Wohngegend wesentlich attraktiver. Im Süden der U-Bahn-Haltestelle Stadlau steht nun der siebengeschoßige Baukörper, neunzig Meter lang und fünfzehn Meter tief.

Passivhaus-Problem Überhitzung umgangen

Die südliche Orientierung der Wohnungen spielt eine große Rolle bei der Energiebilanz des Hauses. Zusammen mit der Erschließungshalle als Klimapuffer wurden so die Voraussetzungen für ein solares Passivhaus geschaffen.

„Passivhäuser haben normalerweise vor allem im Sommer ein Problem: Überhitzung“, weiß Wieland Moser von der Käferhaus GmbH. Das „Ingenieurbüro für intelligente Haustechnik“ war für die Planung der Haustechnik zuständig und machte mit einer innovativen Idee Furore – man setzte bei der Klimatisierung allein auf die Vorteile von Beton. Da überhitzte Räume im Hochsommer gerade für ältere Menschen gefährlich werden können, versorgte das Ingenieurbüro die gesamte Lüftung im Haus mit einer „mineralischen Klimaanlage“, wie Moser es formuliert: „Die Gebäudetemperierung funktioniert hier mit einer aktivierten Beton-Bodenplatte, die das ganze Jahr von
Grundwasser umflossen wird und so fast immer die gleiche Temperatur hat.”

Behagliches Raumklima durch Bauteilaktivierung

Die Bewohner sind von der zukunftsweisenden Lösung der Energieexperten begeistert. Selbst an heißen Sommertagen steigt die Temperatur in den Wohnungen selten über 25 Grad. „Die Raumluft wird im Winter vorgewärmt und im Sommer abgekühlt“, erklärt Moser, und zwar ohne Nachheizung: „Die Energie für Wärme und Kälte ist kostenlos, abgesehen vom minimalen Strombedarf für die Pumpe. Konventionelle Heizregister in der Lüftungsanlage sind nicht mehr erforderlich.“

Genutzt wird dafür die Speichermasse von Beton mittels Bauteilaktivierung. „Beton ist ein massiver Wärme- und Kältespeicher. Werden in Bauteile aus Beton Rohre verlegt und mit kalter oder warmer Flüssigkeit durchströmt, lassen sich so die Räume bestens kühlen und heizen“, erklärt DI Felix Friembichler, Geschäftsführer der Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie (VÖZ). Dass im Passivhaus „generationen: wohnen am mühlgrund“ sogar eine aktivierte Bodenplatte genügt, um die Lüftung des gesamten Hauses zu versorgen, erstaunt den Diplomingenieur nicht: „Mit der Nutzung der aktivierten Speichermasse von Beton wird bei einem Minimum an Energieverbrauch ein Maximum an Wohnkomfort erreicht”, so der Experte.

Klimaschutz-Anforderungen durch Beton erfüllt

Beton lässt sich ideal mit erneuerbaren Energien wie Solarenergie, Umgebungswärme oder Photovoltaik kombinieren – so werden Gebäude zu Energie-Selbstversorgern. Dank den hervorragenden Eigenschaften des Baustoffs erfüllt das Wiener Projekt hinsichtlich Energieeffizienz und Klimaschutz höchste Anforderungen und wurde mehrfach ausgezeichnet – unter anderem von der Österreichischen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen und von klima:aktiv.

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Heute ist eine möglichst ausgeglichene Energiebilanz ein entscheidendes Qualitätsmerkmal bei Neubauten. Deshalb spielt Beton mit seiner enormen Vielseitigkeit in der Zukunft des Bauens eine bedeutende Rolle. Vor allem weil Modellrechnungen von Klimaexperten belegen, dass es in unserem Land in weniger als hundert Jahren doppelt so viele heiße Tage geben wird wie heute. Herkömmliche Klimaanlagen werden dann wegen zu hoher Energiekosten und schlechter CO2-Bilanz kaum noch anzutreffen sein. Zum Glück gibt es also einen Baustoff, der durch seine Speichermasse als natürliche Klimaanlage genutzt werden kann: Beton.

Auch Wieland Moser sieht den Baustoff Beton als besonders wichtig für die Zukunft: „Die Technologie des Energiespeichers Beton funktioniert einwandfrei“, erklärt der Ingenieur von Käferhaus, „wir sind bei dieser Entwicklung noch lange nicht am Ende angekommen.“ So hat sein Unternehmen eigens ein Rechenmodell entwickelt, mit dem überprüft wird, welche Masse die Bodenplatte eines Gebäudes braucht, um ganzjährig ein konstantes Raumklima zu sichern. Davon profitiert auch das Bauprojekt im Mühlgrund. Beton sorgt hier für ein entsprechendes Raumklima – und für Zukunftssicherheit für viele Generationen.